2006: Projekt „UnternehmerKulturen mitten in Berlin“

Im Rahmen des Projekts wurden zehn UnternehmerInnen mit Migrationshintergrund befragt, auf welchem Hintergrund ihre Geschäftsidee entstand, mit welchen Erfahrungen sie diese umsetzen und welche Visionen sie bei ihrer Arbeit begleiten. Mit der Dokumentation soll die Bedeutung der UnternehmerInnen für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Bezirks aufgezeigt werden.

Nach der Vorstellung einzelner UnternehmerInnen loteten wir mit VertreterInnen von Migrantenorganisationen und lokalen Akteuren Möglichkeiten aus, um das Kooperationsbündnis „PRO kulturelle Vielfalt mitten in Berlin“ zu begründen. Ziel war das Herausfinden von Innovationspotenzialen für die Belebung der kulturellen Vielfalt des Bezirks und die Förderung der kulturellen Bildung für Menschen mit Migrationshintergrund.

Das Projekt erfuhr eine Förderung durch den Europäischen Sozialfonds im Rahmen des LSK-Programms. Es entstand in Kooperation mit dem Bezirksamt Mitte von Berlin, Bereich Wirtschaftsförderung/ -beratung.

Das Anliegen des Projekts

Im Rahmen des Projekts „UnternehmerKulturen mitten in Berlin“ wurden von August bis Dezember 2006 zehn UnternehmerInnen – ein Teil davon Kulturschaffende – nach der Genesis ihrer Geschäftsidee befragt: Sie erzählten, auf welchem persönlichen Hintergrund ihre Geschäftsidee entstand, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Erfahrungen sie diese umsetzten, welche Visionen sie bei ihrer Arbeit begleiteten und was ihre gesellschaftlichen Anliegen waren. Ihre Bedeutung für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Bezirks sollte durch die Dokumentation aufgezeigt und auf vorhandene Innovationspotenziale hingewiesen werden. Wir hofften, uns damit eine Grundlage zu schaffen für das Initiieren eines weiterführenden Kooperationsnetzwerkes „PRO kulturelle Vielfalt mitten in Berlin“. Möglichkeiten dazu wurden im Rahmen der Projektepräsentation am 12. Dezember 2006 im Afrikahaus Berlin ausgelotet und erste Vereinbarungen getroffen. Weitere Begegnungen zwischen den am Projekt beteiligten UnternehmerInnen sowie den Migrantenorganisationen wurden verabredet.

Zu der Dokumentation

Die meisten der InterviewpartnerInnen waren mit ihrem Unternehmen noch relativ neu auf dem Markt, sie verfügten aber über ein breites Spektrum an Erfahrungswissen, das durch bi-nationale Erfahrungen und damit verbundenen Kompetenzen geprägt ist. Sie verstanden sich als Brückenbauer zwischen den Kulturen. Einige von ihnen bewegten sich als Kleinunternehmer als „global players“ auf internationalen Märkten und in internationalen Netzwerken (siehe z.B. AFRO TV Berlin, Mark Kwami, Kaplan, Winiarski Poland Germany Consult). Die Idee der Unternehmensgründung war sowohl motiviert durch den Wunsch nach Selbstverwirklichung – viele der Interviewten betonten dabei die Frage der Eigenverantwortlichkeit – als auch der Sicherung eines Arbeitsplatzes für sich und weitere Familienangehörige.

Siehe hierzu auch U.-K. Schuleri-Hartje/Holger Floeting, „Ethnische Ökonomie. Integrationsfaktor und Integrationsmaßstab“, Schader-Stiftung/ Deutsches Institut für Urbanistik, Darmstadt/Berlin 2005 sowie difu, Aktuelle Information, April 2005, „Von ‚Tante Emma’ zu ‚Onkel Ali’ – Entwicklung der Migrantenökonomie in den Stadtquartieren deutscher Großstädte“

Familienbetriebe bzw. die Einbindung von Familienangehörigen spielten bei mehreren der Interviews eine besondere Rolle. Viele waren sich der Bedeutung ihrer Ressourcen und unterstützenden Netzwerke, über die sie für ihr Unternehmen verfügen, bewusst und entschieden sich für die Strategie der kleinen Schritte in der Unternehmensführung. Hingewiesen wurde jedoch auch auf unterstützende Netzwerke, die sich aufgrund organisierter sozialer Zusammenhänge wie z.B. der Kolonie Wedding, dem unmittelbaren Kiez oder den Vereinen entwickelt haben. War es nicht die Familie, dann waren es auch Mitmenschen und deren Interesse am gemeinsamen Kulturaustausch, die ihr Knowhow und ihre Mithilfe gerne zur Verfügung stellten (siehe z.B. La Rayuela, Berlin Saz Evi, LARA Restaurant). Dadurch entstanden auch Orte der Wiederkehr, der Kommunikation, des solidarischen Handelns und der inspirierenden Freuden. Bewusst war den UnternehmerInnen die Kombination der bi-nationalen Erfahrungen: Tugenden wie Disziplin und Zuverlässigkeit sind gepaart mit Kommunikationsfreude, Freude an Musik und offenen Umgangsformen.

Gemeinsam war allen ein geringes Startkapital, Mut und Entscheidungsfreude.

Deutlich sahen sie ihren Beitrag zur Mitgestaltung dieser Gesellschaft, die für sie ohne kulturelle Vielfalt, Offenheit und Respekt für Andere und gesellschaftliche Visionen gar nicht denkbar gewesen wäre. Anliegen war die Sorge für die nachfolgenden Generationen, insbesondere deren berufliche Zukunft, sei es im Residenzland oder im Herkunftsland. Insofern wurde von den UnternehmerInnen, wenn gegeben, auf die Möglichkeit von Praktikums-, Ausbildungsplätzen oder unterstützenden Netzwerken hingewiesen (siehe z.B. AFRO TV Berlin, Berlin Saz Evi, Kaplan, Mark Kwami). Hervorhebenswert erscheint der Aspekt, eine Allianz von Wirtschaft und Kultur herstellen zu wollen; hier wird die Notwendigkeit von Rahmenbedingungen betont, die das Aushandeln von win-win-Situationen für alle Seiten fordern (siehe z.B. Mark Kwami, AFRO TV), wenn ein nachhaltiges gesellschaftliches Engagement gefordert ist.

Favorisiert wurde von einigen Gesprächspartnern – sofern es die eigene Zeit erlaubt – das Schaffen einer Plattform, wo es sowohl um den Erfahrungsaustausch, unterstützende Netzwerke als auch das Entwickeln gemeinsamer Kooperationsideen geht, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Das Interesse, dies mit einem Engagement für den am Projekt beteiligten MigrantInnenorganisationen Afrikahaus Berlin, BACIM, Casa de las Culturas de Latinoamerica zu verbinden, wurde bereits im Interview von einigen UnternehmerInnen signalisiert. Es ging um das Schaffen gemeinsamer Weichenstellungen.

Dieses Projekt erhielt eine Förderung durch den Europäischen Sozialfonds im Rahmen des LSK-Programms. Es entstand in Kooperation mit dem Bezirksamt Mitte von Berlin, dem Bereich Wirtschaftsförderung/-beratung.

Allen Interviewpartnern sei herzlich für ihr Vertrauen, ihre Offenheit und ihr Engagement im Rahmen dieses Projekts gedankt. Mein Dank für die Unterstützung geht auch Herrn E. Tolan, Bezirksamt Mitte, Abteilung Wirtschaftsförderung und -beratung, Frau Catrisioti vom Kulturamt und den vielen Einrichtungen und Einzelpersonen, die mir beratend zur Seite standen und Kontakte zu den UnternehmerInnen herstellten.

Für ihre Unterstützung danken wir
Afrikahaus Berlin, Al Dar e.V., ARIC Berlin e.V., BAMYA, Club Dialog e.V., Deutsch-Russischer Austausch, Deutsch-Russischer Unternehmerverbund/Frau Bernstein, ETHNOTRADE, NIKE e.V., KARAME, Weiberwirtschaft, TDU/Verein auf Gegenseitigkeit e.V.

Rita Klages, Nachbarschaftsmuseum e.V., Dezember 2006

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